These 1 – Bewusstsein fuer gemeinsame Werte schaerfen
Gemeinsame Werte sind das Fundament unseres Zusammenlebens – je
staerker sie unser Bewusstsein und Handeln bestimmen, desto weniger
brauchen wir staatliche Einflussnahme und Reglementierung. Unser Menschenbild
und unsere Werte praegen auch die Einstellung zum Internet. Wir
sollten uns an den Werten der Freiheit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung,
dem Gebot des gegenseitigen Respekts und der Ruecksichtnahme sowie
der Chancengleichheit und Solidaritaet orientieren.
These 2 – Rechtsordnung mit Augenmaß weiterentwickeln
Bei der Gestaltung und Weiterentwicklung der Ordnung im Netz sind
folgende Prinzipien zu beachten: Wir sollten – soweit als moeglich – auf
das bestehende Recht zurueckgreifen und Selbstregulierungskraefte
staerken. Bei der darueber hinaus notwendigen Weiterentwicklung
des Rechts ist darauf zu achten, dass die Rechtsordnung entwicklungsoffen
fuer Innovation und Fortschritt bleibt, technikneutral ausgestaltet
wird und Gesetze aufgrund von Einzelfaellen vermieden werden.
Die Entwicklung von nationalem, supranationalem und internationalem
Recht muss Hand in Hand gehen.
These 3 – Freie Entfaltung im Netz und Ausgleich zwischen kollidierenden
Freiheitsrechten Privater ermoeglichen
Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung der Persoenlichkeit
im Internet. Es ist auf Wissensvermehrung und soziale Teilhabe gerichtet.
Durch die freie Entfaltung im Internet ist das Phaenomen „persoenlicher“ Datenmacht
entstanden. Sie muss daher staerker mit den Persoenlichkeitsrechten
anderer zum Ausgleich gebracht werden. Die freie Entfaltung der Persoenlichkeit
im Internet laesst sich jedoch nicht durch das klassische Datenschutzrecht
im Sinne eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt begrenzen. Fuer
den gebotenen Ausgleich muessen wir zuvoerderst soziale Regeln
entwickeln. Der Staat sollte zur Ergaenzung in erster Linie sein
zivilrechtliches Instrumentarium zur Verfuegung stellen.
These 4 –Selbstbestimmung und Eigenverantwortung staerken
Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Nutzer muessen gestaerkt
werden. Die Kontrolle des Einzelnen ueber sein Handeln in der
digitalen Welt muss gewahrt bleiben. Wir brauchen hierzu mehr Aufklaerung
ueber die Ablaeufe im Internet, Moeglichkeiten der eigenverantwortlichen
Selbstkontrolle und die datenschuetzende Qualitaet von Diensten.
Dies gilt etwa beim Cloud-Computing, dem Umgang mit elektronischen
Identitaeten und bei der Steuerung eigener IT-Systeme sowie vernetzter
Alltagsgegenstaende. Mehr Wettbewerb im Netz staerkt Selbstbestimmung
und Eigenverantwortung der Nutzer. Dafuer brauchen wir mehr Verfuegungsgewalt
ueber unseren virtuellen Hausrat. Dies ist gegenwaertig in
vielen Bereichen nicht gegeben, etwa weil Dienste von einer bestimmten
Plattform abhaengig sind oder weil es beim Umzug zwischen sozialen
Netzwerken keine Moeglichkeit gibt, „seinen Datenbestand
mitzunehmen“.
Wir sollten die Ausuebung der bestehenden Betroffenenrechte, wie
z. B. das Recht auf Auskunft oder das Recht auf Widerspruch, insgesamt
vereinfachen, indem wir hierfuer bessere Online-Moeglichkeiten
schaffen.
These 5 – Anonymitaet und Identifizierbarkeit abwaegen
Der freie Buerger zeigt sein Gesicht, nennt seinen Namen, hat
eine Adresse. Gleichzeitig sind wir es gewohnt, im Alltag grundsaetzlich
unbeobachtet zu handeln. Beides muss auch im Internet normal bleiben.
Eine schrankenlose Anonymitaet kann es jedoch im Internet nicht
geben. Es muss sichergestellt sein, dass die Anforderungen an die Identifizierung
unter Wahrung des Verhaeltnismaeßigkeitsgrundsatzes
danach ausgestaltet sind, welchem Zweck sie dient, welche Grundrechte
betroffen sind, ob der Betroffene sich im privaten, sozialen oder oeffentlichen
Bereichen des Internets bewegt und ob er einen Anlass fuer die
Identifizierung gegeben hat. Wichtige Rechtsgeschaefte brauchen
immer bekannte Glaeubiger und Schuldner.
These 6 – Verantwortung zwischen Anbietern und Nutzern gerecht
aufteilen
Neben den Nutzern haben auch Anbieter eine eigene Verantwortung, zur
Sicherheit des Netzes. Die jeweilige Verantwortung richtet sich nach
den jeweiligen Risiken und der Zumutbarkeit fuer den Einzelnen
und die Anbieter. Fuer gefahrgeneigte Angebote und Dienste sollte
nicht in Bezug auf Inhalte, aber in Bezug auf die „Verkehrssicherheit“ eine
Gefaehrdungshaftung mit Exkulpationsmoeglichkeit oder Beweislastumkehr
in Betracht gezogen werden. Bei Beruecksichtigung anerkannter
Sicherheitsstandards oder zertifizierter Verfahren, etwa bei elektronischen
Identitaeten, koennte diese Haftung reduziert werden.
These 7 – Staatliche Grundversorgung sicherstellen
Das Internet ist eine Basisinfrastruktur unseres Zusammenlebens geworden.
Der Staat hat eine Verantwortung dafuer, dass das Internet flaechendeckend
zur Verfuegung steht und sichere Basisdienste bereitgestellt werden.
Datensicherheit ist eine zentrale Herausforderung fuer die Zukunft.
Bei der Wahl der regulatorischen Mittel und der Festlegung der konkreten
Anforderungen sollte der Staat allerdings mit Augenmaß agieren,
um die Innovation und Entwicklungsoffenheit des Internets nicht zu
gefaehrden.
These 8 – Die gesamte Bandbreite des Ordnungsrechts nutzen
Der Staat hat das Recht und in manchen Faellen auch die Pflicht,
in Internetdienste und Internetnutzungen, wie auch außerhalb
des Internets steuernd einzugreifen. Klassische ordnungsrechtliche
Maßnahmen koennen durch neue, „weiche“ Steuerungsinstrumente
ergaenzt werden. Beispiele sind behoerdliche Warnungen oder
Veroeffentlichungen von Ergebnissen ordnungsbehoerdlicher
Kontrollen. Diese duerfen jedoch nicht einem mittelalterlichen
Pranger gleichkommen. Auch Transparenz unterliegt dem Gebot der Verhaeltnismaeßigkeit.
These 9 – Auf bewaehrte Eingriffsbefugnisse zurueckgreifen
Die Eingriffsrechte des Staates zur Abwehr von Gefahren und Bekaempfung
der Kriminalitaet im Internet bestimmen sich nach den herkoemmlichen
Maßstaeben – wir duerfen das Internet weder als
rechtsfreien noch in erster Linie als „kriminellen“ Raum
betrachten. Der Staat muss sich dabei am milderen Mittel und den Eingriffsbefugnissen
der realen Welt orientieren.
These 10 – Realistische Erwartungen an die Sicherheitsbehoerden
formulieren und ihre IT-Kompetenz verbessern
Wo der Staat im Internet hoheitlich handeln will, muss er den damit
verbundenen Anspruch tatsaechlich erfuellen koennen.
Er sollte sich daher auf Maßnahmen konzentrieren, die in der
digitalen Welt wirklich umgesetzt werden koennen. Hierzu ist die
Qualifikation und Ausstattung von Ordnungs- und Sicherheitsbehoerden
zu ueberpruefen und zu ergaenzen.
These 11 – Technologische Souveraenitaet wahren
Fuer die Wahrung der technologischen Souveraenitaet
des Staates ist es erforderlich, dass er nationale Kernkompetenzen
erhaelt und foerdert. Hierzu braucht unser Land Forscher
und Unternehmer, die strategische IT- und Internetkompetenzen erhalten
und ausbauen. Ohne eine starke eigene IT-Industrie geraten wir in Abhaengigkeiten,
die unsere Freiheiten und unsere Verfassungsidentitaet gefaehrden
koennen.
These 12 – Online-Angebote nutzerorientiert und kostengerecht
ausbauen
Staatliche Angebote und Innovationen im Netz muessen unserem
allgemeinen Staatsverstaendnis folgen. Bei der Frage, ob eine
staatliche Aufgabe im Internet erfuellt werden soll, muessen
wir uns am Nutzen fuer Buerger und Wirtschaft orientieren.
Der Nutzen kann auch in der Teilhabe an der politischen Willensbildung
bestehen. Online-Konsultationen koennen Beteiligungen von Verbaenden
und Interessengruppen im kommunalen und staatlichen Rechtssetzungsverfahren
durch eine zusaetzliche Form der Buergerbeteiligung ergaenzen.
Die klassischen Staatsaufgaben, wie der Kultur- und Bildungsauftrag
muessen beim Ausbau der Angebote gebuehrend beruecksichtigt
werden. Wir muessen bei allen staatlichen Angeboten auf eine gerechte
Kostenteilung achten und von Fall zu Fall entscheiden, ob und in welchem
Maße die Kosten fuer ein Online- Angebot vom Nutzer oder
von der Allgemeinheit getragen werden soll.
These 13 – Elektronische Behoerdendienste am Nutzen ausrichten
Elektronische Behoerdendienste sind auszubauen – sie dienen
einer effizienten, wirtschaftlichen und buergernahen Verwaltung.
Buerger und Unternehmen erwarten von der oeffentlichen Verwaltung
eine rasche, einfache und effektive Abwicklung ihrer Behoerdenangelegenheiten.
In Zeiten knapper oeffentlicher Kassen muss die Verwaltung noch
wirtschaftlicher arbeiten. Der weitere Ausbau elektronischer Behoerdendienste
muss genutzt werden, um Einspar- und Optimierungspotenziale auszuschoepfen.
Der elektronische Zugang des Buergers zur Verwaltung muss als
zusaetzliches Angebot ausgestaltet werden. Der herkoemmliche
Zugang zur Verwaltung muss daneben bestehen bleiben. Fuer Unternehmen
kann eine Pflicht zum elektronischen Datenaustausch mit der Verwaltung
begruendet werden, soweit die elektronische Abwicklung sinnvoll
und vorteilhaft ist
These 14 – Staatliche IT-Systeme attraktiv und sicher ausgestalten
Staatliche IT-Systeme und Internet-Dienste muessen angesichts
der Abhaengigkeit der Buerger und der Verwaltung von ihnen
sicher und ungestoert funktionieren, auf offenen Standards basieren,
von allen Menschen plattformunabhaengig genutzt werden koennen
und groeßtmoegliche Transparenz bieten. Staatliche
IT-Systeme muessen so ausgestaltet sein, dass die Integritaet
und Gesetzesbindung der Verwaltung ebenso gewahrt bleibt wie das Vertrauen
des Buergers in das staatliche Angebot. Die Informationstechnik
muss den Anforderungen der Verwaltung und der Buerger folgen und
nicht umgekehrt. Es darf z.B. nicht sein, dass bei einer Ermessensentscheidung
ein bestimmtes Kriterium nur deshalb nicht beruecksichtigt wird,
weil das IT-System dies nicht anbietet. |