Man kann ja ruhig mal abmahnen
Der Bundesgerichtshof wird vorerst nicht über
die Frage entscheiden, ob und wie Blogbetreiber für
ihre Links auf fremde Internetseiten haften. Nicht
einmal das Landgericht. Warum nicht? Ganz einfach:
Weil ich nicht die Chance zum Prozess bekomme. Der
Herr Rechtsanwalt, der vor ein paar Tagen noch behauptete,
er könne von mir wegen eines Links auf eine andere
Seite 1780,20 Euro fordern, will plötzlich nichts
mehr von seinen Forderungen wissen…
Wir erinnern uns: Kurz
vor Ostern erhielten ich und
noch einige andere Blogbetreiber, darunter Marcel vom Parteibuch,
Oliver von fob-marketing.de und
Christian von cnmuc.de,
Post eines Rechtsanwalts aus Hamburg. Der erklärte,
wir hätten auf eine Internetseite verlinkt, auf
der seine Mandantin, ein Adressbuch-Verlag aus Seevetal,
in falschem Licht dargestellt werde. Das dürften
wir nicht. Wir müssten die Links entfernen und
außerdem eine strafbewehrte Unterlassungserklärung
abgeben.
Als Streitwert nahm der Herr Anwalt einfach mal 100.000
Euro an. Daraus errechne sich eine Gebühr von
1780,20 Euro. Und diese 1780,20 Euro solle ich, bitteschön,
bis Ende des Monats auf sein Konto überweisen.
Selbstverständlich habe ich das nicht getan.
Stattdessen habe ich Rechtsanwalt Hagen
Hild eingeschaltet, einen erfahrenen Experten auf
diesem Gebiet. Und meine Standesvertretung, den bayerischen
Journalistenverband (BJV). Hagen Hild kam zum Ergebnis,
dass die behaupteten Ansprüche des Abmahners überhaupt
nicht vorliegen. “Im Interesse der Presse-
und Meinungsfreiheit“, so Hild in seinem
Brief an den gegnerischen Anwalt, dürften bei
der Setzung von Links auf andere Seiten “keine
zu strengen Anforderungen gestellt werden“,
sofern diese nur den Zugang zu ohnehin allgemein zugänglichen
Quellen erleichtern. Genau so sei es in meinem Fall.
Sprich: Ich hatte im augsblog über einen bestimmten
Fall berichtet und dabei auf eine Seite verlinkt, auf
der ebenfalls über diesen Fall berichtet wurde.
Wenn dann irgendwo auf dieser verlinkten Seite einer
mir völlig unbekannten Firma möglicherweise
Unrecht getan wird, könne ich da nun wirklich
nichts dafür. Und vor allem liege keine Mitstörerhaftung
vor, für die ich zur Kasse gebeten werden könne.
Der bayerische Journalistenverband sah’s ähnlich
Hild setzte dem Abmahner, der für seinen “Serienbrief” (Hild)
mal eben - ich muss es nochmal schreiben - 1780,20
Euro forderte, eine Frist bis zum heutigen Mittwoch,
auf seine behaupteten Ansprüche zu verzichten.
Der BJV, der die Rechtslage ähnlich wie Hild sah,
stand ebenfalls auf meiner Seite. Am Freitag sollte
im Vorstand über meine rechtliche Vertretung
beraten werden. Der bayerische Journalistenverband
sieht es nicht gerne, wenn seine Mitglieder durch finanziellen
Druck an der Berichterstattung gehindert werden sollen.
Zu einem Prozess wird es nun allerdings nicht kommen.
Die Ansprüche würden “nicht länger
geltend gemacht“, teilte uns der Abmahner
mit Schreiben vom 24. April mit. Seiner Mandantschaft
sei nicht an einer langwierigen Auseinandersetzung
gelegen, so der Herr Jurist. Zudem sei der Link ja
auch von mir entfernt worden. Was stimmt. Und zwar
aus dem Grund, dass die verlinkte Seite in der damaligen
Form gar nicht mehr erreichbar ist und der Link mittlerweile
sinnlos geworden ist.
Der Herr Abmahner geht in seinem Brief ansonsten noch
davon aus, dass nun sämtliche “etwaig
bestehenden gegenseitigen Ansprüche abgegolten” seien.
Was in meinen Augen ungefähr soviel bedeutet wie: “ich
bin jetzt still, sei du gefälligst auch still”.
Oder auf deutsch: Meine Kosten, die ich aufwänden
musste, um seine unberechtigte(!) Forderung abzuwehren,
soll ich offensichtlich selbst tragen.
“Ok, war nicht so gemeint”
Und damit sind wir wieder im deutschen Abmahnistan:
Da können Rechtsanwälte einfach mal so ein
paar Blogbetreiber abmahnen und pro Person einen vierstelligen
Betrag fordern. Wehren sich die Betroffenen, heißt
es halt: “Ok, war nicht so gemeint. Auf Wiedersehen.” Und
die Abgemahnten bleiben auf ihren Kosten sitzen. Sollen
sie zumindest. Mal sehen, ob wir das so hinnehmen |