Ist Realität "real" oder etwa Verschwörungstheorie?

GEZ-Beleidiger muss ins Gefängnis (Update)

RSS via gulli:News

Lesezeit: 6 – 10 Minuten

Herr Schmidt aus Baden Württemberg wird als Folge eines langfristigen Streits mit dem Südwestrundfunk (SWR) und der Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (GEZ) ins Gefängnis gehen, weil er die Kosten des Verfahrens nicht tragen kann. Update: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat den Erhalt der Beschwerde bestätigt. Ob sie das Verfahren annehmen?

Hintergrund der Auseinandersetzung ist eine genetisch bedingte Krankheit, die Herrn Schmidt dauerhaft arbeitsunfähig macht. Er verfügt deswegen über kein eigenes Einkommen. Herr Schmidt stellte bei der GEZ immer wieder Befreiungsanträge, die teilweise genehmigt wurden – aber teilweise auch nicht. Wegen Problemen mit der Bewilligung von Hartz IV sollte er seine Rundfunkgebühren entrichten.

Höhepunkt des Streites war dann die Ablehnung seines Antrages mit der Begründung, dass selbst ein geringes Einkommen nach der Neufassung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RfGebStV) kein Befreiungsgrund mehr darstellt. Im Klartext bedeutet das: Selbst wenn jemand überhaupt kein Einkommen hat, muss er dennoch die Rundfunkgebühren bezahlen. Da Herr Schmidt zwischenzeitlich kostenpflichtige anwaltliche Beratung in Anspruch genommen hatte, stellte er dem zuständigen Mitarbeiter der GEZ per gerichtlichem Mahnbescheid eine entsprechende Rechnung über 45 Euro zu und forderte ihn auf, diese innerhalb von vier Wochen zu begleichen. Den Mahnbescheid schickte Herr Schmidt an die Privatadresse des GEZ-Mitarbeiters.

Leider hat der Betroffene nicht dauerhaft den Schriftwechsel von einem Anwalt übernehmen lassen. Seine eigene Korrespondenz war sehr von seinem Frust geprägt und fiel entsprechend ausfallend aus. Als Reaktion stellte der SWR Strafanzeige und Strafantrag wegen Beleidigung und versuchter Nötigung des GEZ-Mitarbeiters, der die Mahnung über die Anwaltskosten erhielt. Wenn die Staatsanwaltschaften sonst nicht in jedem Fall tätig werden, hier wurde sehr schnell ermittelt und im August 2009 dem Amtsgericht Mannheim ein Strafbefehl über 50 Tagessätze zugestellt. Darin wird Herrn Schmidt vorgeworfen, er hätte der GEZ eine E-Mail mit dem Wortlaut „Sie sind ja keine Behörde sondern ein privater Erpresserverein ohne jeglicher Rechte“ geschickt. Teil der Anschuldigungen ist auch der Anruf beim GEZ-Mitarbeiter. Dem hatte er angekündigt, er hätte seine Privatadresse im Internet veröffentlicht. Pikantes Detail: Um die aktuelle Telefonnummer zu erfahren, telefonierte er zunächst mit der Exfrau des GEZ-Mitarbeiters. Der dürfte darüber kaum erbaut gewesen sein.

Die Gesamtgeldstrafe wegen Beleidigung und versuchter Nötigung belief sich auf insgesamt 1.000 Euro. Nach dem Einspruch des Angeklagten kam es im September 2009 zur Hauptverhandlung vor dem AG Mannheim. Darin wurde entschieden, dass die Anzahl der Tagessätze gleich bleiben sollte. Allerdings wurde die Höhe deutlich reduziert. Auch wurde ihm die Möglichkeit einer Berufung erschwert. Bis zum Ablauf der Berufungsfrist lag vom Amtsgericht keine schriftliche Urteilsbegründung vor. Wie aber soll man ohne jede Grundlage Berufung einlegen? Die Richterin gab später in ihrer Begründung an, Herr Schmidt sei wegen seiner “Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit” geahndet worden, konkret sollte er nun 500 Euro Strafe und die Kosten des Verfahrens tragen. Für einen dauerhaft Erwerbslosen eine Menge Geld, die entrichtet werden soll. Hartnäckig war in diesem Fall aber auch das Verhalten der Mitarbeiter des SWR, wie sonst sollte man ein derartiges juristisches Vorgehen bezeichnen? Das Verhalten der Herren beim Rundfunk stand aber bei der Verhandlung offenbar nicht zur Debatte.

Wenig später teilte ihm der SWR mit, dass weitere Strafanträge und Verurteilungen folgen würden, wenn er erneut in seiner Kommunikation von sachlich formulierten Briefen abweichen sollte. Interessant ist diese Aussage allemal! Keiner der Mitarbeiter vom Südwestrundfunk (SWR) ist gleichzeitig Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft oder kann vor Gericht Urteile sprechen. Wie man zu dieser Aussage kam, ist unbekannt. Derartige Strafandrohungen stehen aber keiner Rundfunkanstalt zu.

Am 8. Juni 2010 sollte es zur Berufung kommen. Der Richter hatte dem Angeklagten allerdings vorgeschlagen darauf zu verzichten, um die Kosten des Verfahrens zu reduzieren. Ihm wurde gesagt, dass seine Aussichten im Fall einer Berufung schlecht stehen würden. Es gilt also noch immer das letzte ausgesprochene Urteil des Amtsgerichts. Der GEZ-Beleidiger Schmidt soll folglich für 50 Tage ins Gefängnis. Ihm sind 900 Euro Anwaltskosten entstanden, dazu kommen noch die Gerichtskosten des Amtsgerichts. Die Rechnungen dafür stehen noch aus. Da Herr Schmidt kein Geld hat, auch noch die ihm auferlegte Strafe zu bezahlen, wird er diese absitzen müssen. Der Angeklagte muss demnächst tatsächlich wegen Geldmangel ins Gefängnis, obwohl ihm das Verwaltungsgericht die fehlerhafte Arbeitsweise der GEZ bestätigt hat.

Zwar ist festzuhalten, dass man ihm seine Ausführungen in der E-Mail ankreiden kann. Auch sollte man tunlichst keinen Mitarbeiter der GEZ privat anrufen, um ihn zur Zahlung eines Mahnbescheides aufzufordern. Dennoch unterliegt unser Rechtsstaat eigentlich dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Es ist auch schlecht nachvollziehbar, warum die Staatsanwaltschaft in solchen Fällen so zeitnah reagierte, beziehungsweise warum man die Ermittlungen überhaupt aufgenommen hat. In einem anderen Fall, bei dem eine Besitzerin eines Offenburger Fitnessstudios Strafanzeige gegen die GEZ gestellt hatte, dauerte es bis zum Eingang der Ablehnung nicht weniger als fünf Jahre! Zufall oder Absicht? Weitere Details zu diesem Fall hier bei gez-abschaffen.de.

Der Intendant vom SWR, Herr Boudgoust, hatte höchstpersönlich die Angelegenheit des Herrn Schmidt zur Anzeige gebracht. Die Damen und Herren beim SWR haben jetzt wahrlich Grund zur Freude. Wie schrieb Herr Höcker in seinem Blog “Neues aus dem Gurkenstaat” so passend:

Die eigenen Mitarbeiter sind (wieder mal) gut davon gekommen und die Bürger sind bestraft! Da wird wieder Champager und natürlich sehr viel Käse verzehrt…!

Gemeint ist damit natürlich die Kunstaktion “Käse für den NDR“. Herr Schmidt plant im Verlauf seines unfreiwilligen Aufenthaltes im Gefängnis ein Tagebuch zu verfassen.

Witzig aber schon etwas älter ist die Idee hinter der Satireseite brotspende.de

Quelle: gez-abschaffen.de – hier kann man auch die komplette Leidensgeschichte von Herrn Schmidt im Detail nachlesen.

Der GEZ-Beleidiger Schmidt hat sich kürzlich dazu entschlossen, seinen Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu bringen. Er will dort eine Beschwerde gegen seine bevorstehende Haft einlegen. Der EGMR wurde aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention eingerichtet und prüft, ob sich die Unterzeichnerstaaten an diese halten. Die Beschwerde an sich ist kostenfrei und kann auch ohne Unterstützung eines Rechtsanwaltes durchgeführt werden. Beschwerden können aber schon aufgrund geringfügiger Formfehler abgelehnt werden. Bernd Höcker glaubt an einen möglichen Erfolg des Verfahrens. Das Ergebnis der Beschwerde muss aber abgewartet werden. Wir werden weiter über den Verlauf des Verfahrens berichten.

Update:

Mittlerweile wurde laut Herrn Höckers Website die Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht. Der EGMR mit Sitz in Straßburg hat bisher lediglich den Erhalt des Schreibens bestätigt. Begründet hatte der „GEZ-Beleidiger“ die Zulässigkeit seiner Beschwerde unter anderem mit dem überaus fragwürdigen Verlauf der Gerichtsverhandlungen. Normalerweise werden Beschwerden nur angenommen, sofern alle inländischen Instanzen durchlaufen wurden. Möglicherweise wird man in diesem Fall eine Ausnahme machen, weil nach Aussage des Klägers gravierende Verfahrensmängel passiert sind.

Quelle und Copyright: gulli:News